Zur Geschichte des Verbandes für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e.V.
Blindenlehrerkongresse seit 1873
Der hohe Grad der Organisation im VBS unter den in der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik tätigen Personen ist auch geschichtlich erklärbar. Blindenschulen des deutschsprachigen Raumes, als Schulen mit Heimen „Blindenanstalten“ genannt, pflegten von Anfang an (Wien 1804 gegr., Berlin 1806, Breslau 1818 und ca. 30 weitere bis 1900) regen Austausch von Erfahrungen, nicht zuletzt über Unterrichtsmedien, die in den Einrichtungen selbst hergestellt wurden. Um der Zusammenarbeit einen festen Rahmen zu geben, führten die Vertreter der Blindenanstalten seit 1873 regelmäßig Kongresse durch. Diese sollten Foren für den Austausch von Informationen und für Beratungen zu Fragen der Blindenpädagogik sein. Die beiden ersten Blindenlehrerkongresse (1873 in Wien, 1876 in Dresden) wurden ausdrücklich als „europäische“ deklariert. Obwohl es auch später ausländische Teilnehmer gab, erhielten die Kongresse immer mehr den Charakter von Veranstaltungen für den deutschsprachigen Raum. Bis 1913 traf man sich alle drei Jahre, um Erfahrungen auszutauschen und der Blindenpädagogik in Theorie und Praxis neue Anstöße zu geben.
Zeitschrift „Der Blindenfreund“ 1881 gegründet
1881 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „Der Blindenfreund“, die sich als Organ der Blindenanstalten, der Blindenlehrerkongresse und des Vereins zur Förderung der Blindenbildung bezeichnete. Nach mehreren Namensänderungen erscheint die Fachzeitschrift des VBS nun im 133. Jahrgang. Seit 1984 heißt sie „blind sehbehindert. Zeitschrift für das Blinden- und Sehbehindertenbildungswesen im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz und weiteren Ländern)“ . Der Name trägt den Zusatz, dass sie aus dem „Blindenfreund“ hervorgegangen ist.
Der Deutsche Blindenlehrerverein (DBV) vorbereitet seit 1913, gegründet 1920
1913 gab es die erste Initiative (Victor Baldus, Düren) zur Gründung eines Verbandes der Lehrkräfte für Blinde. 1916, mitten im 1. Weltkrieg, folgte der Aufruf, eine „Standesorganisation“ zu gründen. Die Initiatoren bildeten 1917 einen „Geschäftsführenden Ausschuss“, der Vereinsangelegenheiten bis zum nächsten Kongress erledigen sollte. Wegen des Kriegs musste der turnusmäßige Kongress 1916 ausfallen. Die offizielle Gründung des „Deutschen Blindenlehrervereins (DBV)“ konnte deshalb erst 1920 beim ersten Nachkriegskongress in Hannover erfolgen, gerade rechtzeitig, um bei der Neuordnung des deutschen Schulwesens in Ausführung des §146 der „Verfassung des deutschen Reiches“ von 1919 die Belange der Blindenpädagogik einzubringen. Der Reichsminister des Inneren forderte den jungen Verband dazu ausdrücklich auf. Eduard Spranger setzte sich im gleichen Jahr im Rahmen der Vorbereitung der Reichsschulkonferenz dafür ein, dass für die „Ausbildung zur Tätigkeit in Blindenanstalten besondere Mittelpunkte an einzelnen pädagogischen Hochschulen zu schaffen“ seien. Sprangers Forderung nach eigens zu schaffenden „Bildner-Hochschulen“ hat wohl später die Ausprägung der Institute für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik beeinflusst, die dann die autodidaktische bzw. durch kurze Lehrgänge erfolgende Vorbereitung auf die „Staatsprüfung für Blindenlehrer“ ablöste. Diese fand jährlich in Berlin-Steglitz statt. Dem vom preußischen Kultusminister berufenen Prüfungsausschuss gehörten mehrere Mitglieder des DBV an. Der Verband befasste sich u.a. mit der Prüfungsordnung, mit Fortbildungsfragen, der Lehrmittelzentrale und der Blindenberufsstatistik.
Auflösung des selbständigen Verbandes 1933, „Fachgruppe Blindenlehrer im NSLB“
Die fortschrittliche Kultur- und Schulpolitik der Weimarer Republik endete schlagartig mit der Übernahme der Regierung durch die Nationalsozialisten. Bereits im April 1933 beschloss der Vorstand des DBV unter Leitung von Eduard Bechthold, Halle, dass der Aufforderung zur „Gleichschaltung des Deutschen Blindenlehrervereins“ Folge geleistet werde. Statt des Vereins wurde die „Fachgruppe Blindenlehrer im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB)“ gebildet. Aus dem „Blindenfreund“ wurde „Die Blindenfürsorge (Der Blindenfreund)“, die sich nur noch mit fürsorgerischen und allgemeinen Fragen des Blindenwesens befassen durfte. Die Zeitschrift wurde im Frühjahr 1943 eingestellt.
Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg in beiden Teilen Deutschlands
Nach sieben Jahren Zwangspause erschien „Der Blindenfreund“ 1951 wieder. Von 1935 bis 1943 konnten blindenpädagogische Beiträge nur noch in der offiziellen Zeitschrift des NSLB erscheinen.
In der Sowjetischen Besatzungszone und der aus ihr hervorgegangenen DDR verzichtete man bewusst auf die Fortführung des Blindenlehrervereins. Die pädagogische Arbeit mit Blinden und Sehschwachen wurde über den „Deutschen Blinden- und Sehschwachenverband der DDR(BSV)“, der aus dem 1957 gegründeten „Allgemeinen Deutschen Blindenverband“ hervorgegangen war, bestimmt. Dieser Verband (unter langjähriger Leitung von Helmut Pielasch) entsprach nicht der Blindenselbsthilfe der Weimarer Republik und der Bundesrepublik, vielmehr war er direkt dem Ministerium für Volksbildung verantwortlich. So war er auch in Sachen der Berufsausbildung für Blinden- und Sehschwachenlehrer zuständig. Diese war an der Humboldt-Universität angesiedelt; die fachspezifischen Bereiche wurden durch den Fachbereich Blinden- und Sehschwachenpädagogik wahrgenommen. Der BSV gab die qualitätsvolle Zeitschrift „Wissenschaftliche Blätter zu Problemen des Blinden- und Sehschwachenwesens heraus.
1948 fand in Hannover (auf Betreiben von Rudolf Winter und Wilhelm Heimers) die erste größere überregionale Arbeitstagung für Blindenlehrer (zunächst nur der britischen Besatzungszone) statt. Sie führte zur Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft der Blindenlehrer“ und konnte mit Hilfe der britischen Besatzungsmacht beginnen, die 1933 abgebrochene internationale Zusammenarbeit wiederaufzubauen. Zum Kongress 1950 in Stuttgart wurde erstmals wieder deutschlandweit und in den Nachbarländern eingeladen. Während des Kongresses, am 4. August 1950, wurde der „Verein deutscher Blindenlehrer“ neu gegründet (Vorsitzender Wilhelm Heimers). Die brennende Frage des adäquaten Unterrichts für sehbehinderte Schülerinnen und Schüler beschäftigte die Mitglieder von Anfang an. Bei Kongressen kamen auch Befürworter der eigenständigen Schule für Sehbehinderte zu Worte, die 1962 den „Bund der Sehbehindertenlehrer“ gründeten.
In der Sowjetischen Besatzungszone und der aus ihr hervorgegangenen DDR verzichtete man bewusst auf die Fortführung des Blindenlehrervereins. Die pädagogische Arbeit mit Blinden und Sehschwachen wurde über den „Deutschen Blinden- und Sehschwachenverband der DDR(BSV)“, der aus dem 1957 gegründeten „Allgemeinen Deutschen Blindenverband“ hervorgegangen war, bestimmt. Dieser Verband (unter langjähriger Leitung von Helmut Pielasch) entsprach nicht der Blindenselbsthilfe der Weimarer Republik und der Bundesrepublik, vielmehr war er direkt dem Ministerium für Volksbildung verantwortlich. So war er auch in Sachen der Berufsausbildung für Blinden- und Sehschwachenlehrer zuständig. Diese war an der Humboldt-Universität angesiedelt; die fachspezifischen Bereiche wurden durch den Fachbereich Blinden- und Sehschwachenpädagogik wahrgenommen. Der BSV gab die qualitätsvolle Zeitschrift „Wissenschaftliche Blätter zu Problemen des Blinden- und Sehschwachenwesens heraus.
1948 fand in Hannover (auf Betreiben von Rudolf Winter und Wilhelm Heimers) die erste größere überregionale Arbeitstagung für Blindenlehrer (zunächst nur der britischen Besatzungszone) statt. Sie führte zur Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft der Blindenlehrer“ und konnte mit Hilfe der britischen Besatzungsmacht beginnen, die 1933 abgebrochene internationale Zusammenarbeit wiederaufzubauen. Zum Kongress 1950 in Stuttgart wurde erstmals wieder deutschlandweit und in den Nachbarländern eingeladen. Während des Kongresses, am 4. August 1950, wurde der „Verein deutscher Blindenlehrer“ neu gegründet (Vorsitzender Wilhelm Heimers). Die brennende Frage des adäquaten Unterrichts für sehbehinderte Schülerinnen und Schüler beschäftigte die Mitglieder von Anfang an. Bei Kongressen kamen auch Befürworter der eigenständigen Schule für Sehbehinderte zu Worte, die 1962 den „Bund der Sehbehindertenlehrer“ gründeten.
Gründung des Verbandes der Blinden- und Sehbehindertenlehrer 1971
Ein Wendepunkt in der Arbeit unseres Verbandes war der Zusammenschluss des „Verbandes der Blindenlehrer(VdB)“(so seit 1956) und des „Bundes der Sehbehindertenlehrer“ (BdS) zum „Verband der Blinden- und Sehbehindertenlehrer e.V.“ in Duisburg am 19. September 1971. Vorsitzender wurde Gerhard Jeschke, vorher VdB, Stellvertreter Erhard Teumer, vorher BdS. Zwei in der neuen Satzung verankerte Fachgruppen („Blindenpädagogik“ bzw. „Sehbehindertenpädagogik“) sollten dafür sorgen, dass keine durch die andere majorisiert wurde. Bald schon erschien es absurd, dass die Verbandsmitglieder sich für die Mitgliedschaft in einer der Gruppen entscheiden mussten. Die Fachgruppen wurden aufgelöst, weil ihre Belange auch in den fachspezifischen Arbeitsgemeinschaften gewahrt werden.
Der VBS nach der deutschen Einigung
Schon vor der Wiedervereinigung (3.10.1990) gab es Gespräche zwischen dem VBS (Vorsitzender Hans Rhinow) und Vertretern der Blinden- und Sehschwachenpädagogik der DDR. Ab 1990 entstanden Landesverbände des VBS in den neuen Bundesländern, als erster der Landesverband Sachsen.
Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (Namensänderung 2008)
Der VBS sieht heute seine Aufgabe darin, unabhängig vom Lernort (allgemeine Schule oder Sonderschule) blinden- und sehbehindertenspezifischen Unterricht zu ermöglichen. Die Namensänderung in „Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik (VBS)“ beim Kongress in Hannover 2008 soll unterstreichen, dass es sich um einen Fachverband handelt, dessen Anliegen die adäquate pädagogische Förderung blinder und sehbehinderter Menschen ist.